Der Diener der Literatur vom
Savignyplatz
Zum plötzlichen Tod von Klaus-Peter
Herbach
Falko Hennig
In
der Nacht zum Montag erlag K. P. Herbach einem akuten Herzversagen, am 12.
März wäre er 60 geworden. Es kam für alle sehr überraschend, er hat sich
nicht krank gefühlt. Auch ich kann es gar nicht glauben, bin völlig
perplex. Ich habe doch eine Postkarte von ihm vor mir, seine Karte, die
gestern in meinem Briefkasten war, sie ist auf Montag datiert.
Zum ersten Mal getroffen habe ich ihn 1999 im
Literarischen Colloquium, er war eine auffällige Gestalt, das weiße Haar so
68er-lang mit Zopf, dabei eine voluminöse, barocke Gestalt, Raucher, der
auch gern trank. Wie ein Gesundheitsapostel hat er nicht ausgesehen, aber
so was? Umtriebig war er, seine Bedeutung für den Literaturbetrieb ist kaum
zu überschätzen.
An der Akademie der Künste arbeitete K. P. Herbach
34 Jahre als Pressereferent unter Präsidenten wie Grass, Jens, Konrad und
Muschg. Mit den von ihm organisierten und äußerst kenntnisreich, charmant
und lebendig moderierten Lesungen ist er selbst zu einer Institution des
literarischen Berlins geworden. Die Schriftstellerin Ursula Krechel erzählt
mir, wie sie den Ur-Buchhändlerkeller in der Görresstraße in Friedenau
erlebt hat. Damals war Herbach schon genauso dick, aber wirklich noch jung,
wie es bis heute im Namen des 1951 gegründeten "Arbeitskreis Berliner
Jungbuchhändler" steht. Autoren wie Grass und Frisch wohnten damals
nahe dem Friedrich-Wilhelm-Platz und es war ein richtiger Keller mit Kisten
statt Stühlen. Seit 1967 leitete K. P. Herbach diesen Literarischen Salon
Berlins, in dem rund 40 Lesungen pro Jahr, jeweils am Donnerstag,
veranstaltet wurden. Als der durch Sommergewitter zu oft überschwemmte
Keller 1979 dann wirklich zu klein und zu schäbig wurde, zog man in die
Räume von Michael S. Cullens ehemaliger Galerie Mikro in die Carmerstraße
um.
Mich hat er gefördert durch eine Lesung, die ich
am 30. Mai 2002 in seinem Buchhändlerkeller geben konnte. An dem Tag hatte
ich mir beim Fußball das Bein umgeknickt und so kam ich dann auch abends
zum Buchhändlerkeller und wusste nicht, ob ich die Frage "Gehen Sie
immer so?", als Höflichkeit oder als frech empfinden sollte. Es war
erfreulich voll, es hatte Programmhinweise in der Presse gegeben. Die Räume
machten gar nicht so sehr den Eindruck von einem Buchladen, eher wirkte es
wie eine Mischung aus Kneipe und altem Kino.
Nach der Lesung gingen Herr Haase und Klaus-Peter
Herbach, ich humpelte, ins "Diener", eine der gastronomischen
Institutionen am Savignyplatz, wo man an den Wänden Fotos von Halbprominenten
besichtigen kann. Ich solle Walter Kempowski mal vorsichtig grüßen,
beauftragte mich "KP" Herbach, den hatte er auch mal früh
eingeladen und ihm somit geholfen. Generationen von Autoren hat er so ein
Podium und Publikum gegeben.
Diese Karte, die nun seine letzte bleiben wird,
erinnert mich daran, dass jene Lesung für mich in Alt-West-Berlin die erste
war. Es ist nicht sicher, wo K. P. jetzt ist, vielleicht kann er seine
Zusage einhalten: "Ich behalte Dich also im Auge ... für 2004 nur
Gutes". Er selber hätte es nötiger gebraucht.
Der Berliner Autor Falko Hennig veröffentlichte
zuletzt "Trabanten".
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